Mittwoch, 05. Juli 2023 19.00 Uhr – 20:30 Uhr
Vortrag von Thomas Lukow - Mit Unterstützung der Hanns-Seidel-Stiftung, München

Beim Jugendkongress des BfDT 2017 in Berlin habe ich im Rahmen einer Führung durch das Stasi-Museum Thomas Lukow kennengelernt. Bereits damals hat mich seine Art begeistert, wie er unsere Gruppe als Zeitzeuge mit den damaligen Verhältnissen in der DDR bekannt gemacht hat. Thomas war selber lange in Haft gewesen, weil ihm Vorbereitung zur Republikflucht vorgeworfen wurde. In der DDR gab es damals -im Übrigen nach wie vor ein Kennzeichen einer Diktatur- keine Unschuldsvermutung für Angeklagte, sondern Angeklagte konnten willkürlich verhaftet werden und mussten ihre Unschuld gegenüber der Staatsmacht beweisen.

Seine Geschichte vom Leben in der DDR und die eindrucksvolle Schilderung der politischen Zusammenhänge und der Umgang mit Menschen hat uns wirklich berührt und bereichert. Nach seiner Führung sprach ich ihn damals an. Ich erfuhr, dass Thomas viel unterwegs ist, um in ganz Deutschland Vorträge zu unterschiedlichen Themen aus der Zeit der DDR zu halten.

Nach dem diesjährigen Kongress habe ich noch etwas gesucht, um vor der Rückfahrt nach Nürnberg unsere Freizeit zu gestalten und da kam Thomas Lukow mir in den Sinn. Kurzerhand konnte er uns eine Führung durch die ehemalige Stasi-Haftanstalt in Hohenschönhausen anbieten und hatte viel zu erzählen. Dabei erfuhr ich, dass er vom 5.-6- Juli in Nürnberg und Umgebung ist und ich plante eine Veranstaltung im bbs nürnberg.

Die DDR ist nun schon 34 Jahre Vergangenheit, viele junge Menschen haben keinen Bezug mehr zu ihr, z. B. über Familienmitglieder. So waren wir uns nicht sicher, welches Thema an einem Abend Interesse wecken könnte. Musik erschien uns am ansprechendsten, dazu hat fast jede/r einen Bezug. Auch wir kennen Zensur von Liedern mit Texten, die z. B. obszön oder diskriminierend sind. Aber dass der Staat von vorneherein vorgeschrieben hat, was erlaubt ist und was nicht, das war eine ganz andere Dimension. Wer „regimegekonform“ getextet hat, konnte es damals durchaus zu etwas bringen (Karat, Puhdys), also hat gut verdient und Live-Auftritte wurden genehmigt, ein Leben in Anpassung hat auch in der DDR keine großen Nachteile gebracht. Wer bzw. welche Band dies nicht wollte (Klaus Renft Combo), hatte es nicht leicht mit dem Staat und sah sich laufend Kontrollen und Überwachung ausgesetzt. Thomas hat auch geschildert, dass sich manche Bandmitglieder bei der Stasi als IM verdingten und ihre eigenen Bandkolleg:innen bespitzelt und verraten haben.

Genau 30 Zuhörer:innen haben am 5.7.2023 den Weg in den Blauen Saal gefunden und lauschten seinen Worten und Liedern ehemaliger Bands in der DDR, angepasste und rebellische. 

Danke für Euren Besuch und vielen Dank an die Hanns-Seidel-Stiftung mit Herrn Franz Gebhardt (Regionalbeauftragter) als Kooperationspartner, die diese Veranstaltung so kurzfristig ermöglicht haben!

Text: Michael Heuer
FreiZeitZentrum