In der Ausgabe September 2017 des "BezirksJournal" erschien ein halbseitiger Beitrag über unsere Berufsfachschule Musik. Darin wird berichtet wie Sehende, sehbehinderte und blinde Menschen gemeinsam an der Berufsfachschule für Musik am bbs nürnberg lernen.

 

2017 bezirksjournal 1Vom Miteinander profitieren

- Eintauchen in die Welt der Musik am Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte

Wenn Sebastian Knauf das Lied „Over the rainbow“ auf dem Klavier anstimmt, gleiten seine Finger leicht über die Tasten. Dass er seit Geburt blind ist, ist gerade nicht wahrzunehmen. Wie genau er diese Gabe beruflich nutzen wird, hat er noch nicht endgültig entschieden. Seit zwei Jahren besucht er nach einem Vorbereitungsjahr die Berufsfachschule für Musik am Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte, bbs nürnberg. Sie ist die einzige inklusive Berufsfachschule für Musik im deutschsprachigen Raum, daher ist Sebastian Knauf nach Mittelfranken gezogen. Den gemeinsamen Unterricht von sehenden, blinden und sehbehinderten Menschen möchte er nicht missen, „die Mischung ist ganz, ganz wichtig.“ Seine Begeisterung wird von Lehrkraft Maria Meth bekräftigt, vom Miteinander in den Lehrsälen profitieren alle Schülerinnen und Schüler.

Beispielhaft verweist sie auf das „absolute Gehör“, über das die blinden Musiker sehr oft verfügen. Die wechselseitigen Erfahrungen während der Ausbildung sind zudem wertvoll, da viele von ihnen später als Musikpädagogen arbeiten. Daher ist auch die enge Kooperation mit dem Förderzentrum Sehen am bbs nürnberg, an dem Kinder und Jugendliche von der ersten bis zur zehnten Jahrgangsstufe unterrichtet werden, gänzlich unabhängig vom Sehvermögen, ein Gewinn. Dort können die Auszubildenden im Unterricht selbst erste Praxiserfahrungen sammeln. Die Einstiegshürde in Form der Aufnahmeprüfung ist für alle Bewerberinnen und Bewerber gleich, Grundvoraussetzung für die Aufnahme ist außerdem das Beherrschen eines Instrumentes beziehungsweise Gesangserfahrung sowie musiktheoretische Grundkenntnisse.

Sebastian Knauf erhielt noch vor Schuleintritt seinen ersten Klavierunterricht, im Alter von zwölf Jahren kam Gesangsunterricht hinzu. Mit der gleichen Kombination kam seine Mitschülerin Hyunju Lee an das bbs nürnberg. Durch einen Unfall erblindete sie mit zehn Jahren am rechten Auge, das linke Auge ist auch sehr beeinträchtigt. Noch in ihrer früheren Heimat Südkorea bemerkte die Klavierpädagogin das musikalische Talent ihrer Schülerin, an den Tasten zu improvisieren. Nun will sich die junge Musikerin zur Chor- und Ensembleleiterin qualifizieren. Ein unverzichtbarer Begleiter dabei ist ihr Tablet-PC, mit Hilfe des Programms „Touch Notation“ kann sie darauf Musikwerke erfassen oder aber mit diesen arbeiten und die Noten beispielsweise auf die für sie notwendige Größe ziehen.

Für sehbehinderte Menschen kommt auch ganz klassisch das Vergrößern von Notenblättern in Frage, bestätigt Maria Meth. Einige der erblindeten Schüler greifen auf ein System zurück, das Stücke in Punktschriftnoten überträgt. Sebastian Knauf setzt sich allerdings damit ganz selten an ein Klavier, wie er erzählt, lediglich komplexe Stellen übt er so ein. Lieber hört er sich ein Stück mehrfach an, um es dann aus dem Gedächtnis heraus zu spielen, „ich habe eigentlich immer übers Gehör gearbeitet“. So unterschiedlich ihre Schüler sind, so verschieden sind auch die Herangehensweise an neue Werke, nickt Maria Meth. Wie seitens des Kollegiums individuell auf die Einschränkungen eingegangen wird, findet Schüler Thorben Dotzler klasse. Der gelernte Fachinformatiker war von zunehmender Sehschwäche betroffen, als er vor einem Jahr an die Berufsfachschule wechselte. Lachend erzählt er von seinem musikalischen Werdegang, angefangen von der Blockflöte über die Violine bis hin zum Gesang. Er will den pädagogischen Weg einschlagen und seine Begeisterung für Musik weitergeben. An Sehende, sehbehinderte und blinde Menschen.

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Das ganze BezirksJournal gibt es als Download unter der URL:

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